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Unterscheidung und Erkenntnis – Zur Komplementarität von Entwicklung und Unterscheidung

Wilhelm T. Wolze

Zusammenfassung

Ziel des Artikels ist eine grundsätzliche Kritik am Unterscheidungsmythos. Die Verwendung der Unterscheidungsmethode lässt insbesondere beim Systemtheoretischen Konstruktivismus den Eindruck entstehen, dass es sich hierbei um eine universelle Erkenntnismethode handelt, mit der einerseits auch Entwicklungen von Neuem durchgeführt und andererseits Unterscheidungen unabhängig von Mitteln (Theorien, Paradigmen) getroffen werden können. 

Es wird gezeigt, dass eine formale Unterscheidungstheorie im Bereich der Erkenntnis – der Entwicklung und Anwendungen von Theorien – kein effektives Mittel ist. Das Unterscheidungsapriori ist zwar unhintergehbar, primär ist jedoch die Entwicklung, die Produktion von Neuem unter Verwendung komplexer Mittel, die auch die Unterscheidungsmethode involvieren.

Zunächst wird exemplarisch dargelegt, dass bis auf formale Fälle sowohl das Muster, dasjenige also, was von allem anderen unterschieden werden soll, als auch die Grenze offen sind und Muster und Grenze sich im wechselseitigen Bedingungszusammenhang entwickeln.   

Anschließend wird am Beispiel der Theoriendynamik die Beziehung von Entwicklung und Unterscheidung herausgearbeitet, und zwar sowohl für die Entstehung von Neuem im Prozess der Generalisierung als auch der Spezialisierung in der Anwendung der Theorie. Zugrunde gelegt wird eine Konstitutionstheorie der Realität, die in Abgrenzung zum Realismus und Idealismus skizziert wird. 

Als wesentliches Ergebnis wird angesehen, dass sich Entwicklungen und Unterscheidungen wechselseitig bedingen, die Entwicklungen dabei den dominanten Pol bilden und die Explikation der Mittel sich nicht nur für die Entwicklungen, sondern auch für die Unterscheidungen als unhintergehbar herausstellt.

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